"Anfangs wollte ich die ganze Welt trockenlegen"
Nach 16 Jahren übergibt Frau Lieselotte Döhler, ehrenamtliche Gruppenleitung beim Kreuzbund für Alkoholkranke und Angehörige, ihr Ehrenamt in die Hände ihrer Nachfolgerin Sigrid Müller. Der Kreuzbund ist ein Fachverband der Deutschen Caritas für vielfältige Suchterkrankungen. In einem abschließenden Gespräch mit Ute Stolz (Vorstand) und Martina Bertram (Gemeindecaritas und Ehrenamtskoordination) erzählte sie offen und aufrichtig von ihrer eigenen Geschichte - von den schleichenden Anfängen in die Sucht, vom festen Entschluss zum Entzug, vom Weg aus der Sucht. Ein Weg, der enormen Respekt verdient und die Gesprächspartnerinnen nachhaltig beeindruckt hat.
"Nach meiner Entgiftung im Jahr 2000 und einer anderthalbjährigen Therapie bei der Suchtberatungsstelle in Euskirchen entwickelte sich mein Wunsch, Suchterkrankte auf dem Weg zur Abstinenz zu begleiten, zu stützen und ein Stück von der Hilfe, die ich selbst erfahren durfte, mit ihnen zu teilen", berichtet Lieselotte Döhler. Ermuntert durch ihren Therapeuten durchlief sie anderthalb Jahre lang eine Suchthelferschulung. Hier lernte sie sowohl viel für sich persönlich als auch zahlreiche Möglichkeiten kennen, ihren Wunsch zu helfen umzusetzen. Sie besuchte im Anschluss daran die Kreuzbundgruppe in Kall und übernahm die stellvertretende Gruppenleitung. Später wechselte sie zur Kreuzbundgruppe nach Schleiden und trat schließlich die Nachfolge des damaligen Leiters an.
"Anfangs wollte ich die ganze Welt trockenlegen" beschreibt sie lächelnd ihre hohe Motivation, den Gruppenteilnehmer*innen und ihren Angehörigen zur Seite zu stehen. Man erkenne natürlich mit der Zeit, dass man nicht jeden Menschen "retten" könne, insbesondere dann nicht, wenn der entschlossene Wunsch, aus der Sucht auszusteigen, noch nicht wirklich ausgereift sei. Abbringen ließ sie sich davon jedoch nie. "Es war für mich eine sehr erfüllende Zeit mit vielen Facetten. Ich lernte viele Menschen in der Not kennen, sie so wertzuschätzen, wie sie da saßen. Und ihnen Hilfe sowie Möglichkeiten für ihren Weg aus der Sucht anzubieten." Auch außerhalb der Gruppe engagierte sie sich häufig und bot immer wieder ihre Hilfe in akuten Notfällen an. Im Jahr 2020 verspürte sie allmählich den Wunsch, etwas mehr Zeit für sich und ihre Familie zu haben und das Ehrenamt einem Nachfolger zu übergeben. Vergangenen Sommer schließlich teilte sie ihr Anliegen der Gruppe mit, formulierte dabei jedoch gleichzeitig ihren großen Herzenswunsch: die Gruppe soll unbedingt weiterhin bestehen bleiben. "Da Frau Sigrid Müller sich bereit erklärt hat, das Amt zu übernehmen, konnte ich mich nun mit ruhigem Gewissen von der Kreuzbundgruppe verabschieden und loslassen", freut sie sich.
Zum Dank für ihr großes und langjähriges Engagement überreichten Ute Stolz und Martina Bertram ihr einen Blumenstrauß. "Es braucht eine Menge Mut, mit dem Thema Sucht offen und ehrlich nach draußen zu gehen. Ich kann mich im Namen der Caritas und allen Menschen, denen Sie Halt gegeben haben, nur bedanken", betonte Ute Stolz. Die Kreuzbundgruppe trifft sich derzeit jeden Montag um 19:30 Uhr, vorübergehend im Franziskus-Haus in Schleiden. Gruppenleiterin Sigrid Müller ist erreichbar unter der Rufnummer 02444 9126591.